Montag, 31. März 2008

Agenda

Ein homophober, verzerrter, wirkungsvoll inszenierter, aber stummer Diskurs. Für jede Separation ein Schlüsselreiz.
Jedweder Anblick erkämpfter oder angeborener Insignien und die damit verbundene, flexible Selbstwahrnehmung. Das
Setzen gesellschaftlicher Rahmen, die immer künstlicher, immer abstrakter werden, und desto eleganter und urbaner
sich diese Abstraktion artikuliert, desto wertvoller, desto aussagekräftiger und gehaltvoller sind die Puppen, die in ihr
tanzen. Umso mehr sie einer spezielleren Wahrnehmung bedarf, umso mehr Blickwinkeln sie sich entzieht, desto
verwegener, unnahbarer erscheinen die Träger der Insignien, die Neid hervorrufen, die traurig, die Einsamkeit
fühlbar machen und ein klares Bild der eigenen Entbehrungen zeichnen. Der Anblick von aufgespießtem, von schneeweißen
Scherben durchdrungenem Zahnfleisch, der metallenen Krawatten und Handkofferpeitschen, mit denen die Dompteure sich
zu helfen wissen, kautschukes Ameisengefiedel und puröse Blutkristalle, Röhren, die den Geist aufgeben, Röhren, die messerscharfe,
gedankenzersetzende Bilder liefern, sofern zerschlissene Hände sie zu reparieren wissen, klaffende Mäuler in der U-Bahn
und lichterbesprenkelte Rachen, aus denen die brüllenden, die metallenen Insekten kommen und gehen. Diese Welt verschlingt
und suggeriert in einem Fort Schwäche, Anpassungsbedarf und Kontradiktion. Der abgenutzte, pervertierte Selbstzweck
dieser Gebärmaschine, dieses Naturvergewaltigers, dieses großen Verschlingers mit Clownnase, dieses gekreuzigten
Blenders, dieses karessierenden Ungeheuers ohne Erbarmen hat seine Zweige und Aterien in alle Himmelsrichtungen
sprießen lassen und unsere Körper vereinnahmt, unseren Geist entwurzelt. Seine Vielschichtigkeit, seine Gesamtheit,
seine systemtheoretische Perfektion ist ein Resultat eines morbiden, brutalen Überlebenskampfes, seine unübersichtliche,
sich ewig differenzierende Ausweitung ein augenscheinliches Resultat seines unnatürlichen Selbstzweckes. Ein System,
in dem niemand die Fäden zieht, in dem die Kapazitäten und Ressourcen dieser Welt der gewaltsamen Willkür der
globalen Mechanismen unterliegen. Fluoreszierende Röhren und abgewälzte, rußige Buchseiten füttern die Mitesser und Auktionäre
und Aufseher, füttern den Menschen mit dem Füllkörper der Geschichte, dem Lügenkonstrukt des hungrigen, gierigen kulturellen Gedächtnisses,
und es ist okay. Wiederkehrende Generationen, die mit dem Bewußtsein der Geschichte
und dem Diesseits definieren, was sie werden wollen und die Frage nach dem, was
man geworden ist, als Todesstoß für den Motor dieser Gebärmaschine empfinden. Ein System, das nach Einigkeit,
vollkommener Effizienz und der ultimativen Zentralisierung der Macht strebt. Ein System, das in seiner globalen
Ungeheuerlichkeit vermeintlich unsteuerbar, selbstläufig und auf seltsam morbide Art und Weise teleologisch
ausgerichtet zu sein scheint. Es kann niemanden geben, der aus diesem geordneten globalen Chaos eine klare
Agenda schöpfen will, kann es? Das politische, finanzielle, ethnologische, religiöse und ökologische Chaos dieser
Welt ist, in seine Einzelfaktoren zerlegt, ein monströse Spirale, eine unsteuerbare Konsequenz einer absoluten,
unverrückbaren Vergangenheit, die ihre Weichen gelegt hat. Kann es einen Geist, einen Willen, gar eine Gruppe geben,
deren einzige Spur, die sie uneleganterweise hinterlassen haben, dieser seltsam schäbige, unnatürlich aufkommende
Verdacht einer Teleologie in all dem ist, der nicht aufkommen dürfte, wäre die Selbstläufigkeit, mit der sich dieses
Chaos selbst erschaffen hat, Realität, Tatsache? Es ist das Antlitz dieses grünblauen, nach Moostau miefenden Ungetüms,
das Schuld, Erfolg, Sinn und andere Konstrukte wie Essensmarken verteilt, das sich in unzählige kulturelle
Sphären mitosiiert hat und nun als unüberblickbarer, unbesiegbarer, teils vergötterter, teils dämonisierter Megamechanismus
unsere Selbstbestimmung zur Farce hat verkommen lassen.

Wenn kurz inne gehalten und die Selbstläufigkeit dieser irrsinnigen Systemanhäufung hinterfragt wird, bleibt einem zunächst
nicht mehr als empirische Betrachtung. Wo liegen die Machtzentren, wo die möglichen Interessengruppen, wo die grundlegenden
Prinzipien, die diesem Chaos seine grundlegenden Strömungen geben? Es ist die Skepsis und der Zugang zu Wissen,
der einen jeden beflügeln und beseelen kann, der ohnmachtsfördernden Übermacht der Informations- und Daseinsflut zu entgehen.
Der erste Schritt wäre das Gestatten einer Erbsünde, die in den Anfängen des kultivierten Seins die ersten Weichen legte,
nämlich den Hegen eines Verdachtes auf ein Feindbild.
Das ist legitim, sofern es dem sachgemäßgen Versuch einer Beleuchtung von Zusammenhängen dient. Das Feindbild ist
nicht absolut und keine persönliche Indifferenz bindet mich an dieses Feindbild. Das Zusammentragen von Informationen
soll eventuelle Zusammenhänge, wenn überhaupt, möglichst zwangsläufig erschließen.


"Rede, damit ich dich sehe!" - Sokrates

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